Am 14. Januar 2016 wird der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Revisionsverfahren (Az. I ZR 65/14) unter anderem über die Funktion „Freunde finden“ bei Facebook urteilen.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände in Deutschland hatte gegen Facebook geklagt.
Fehlende Werbeeinwilligung
Der Kläger nimmt die Beklagte unter anderem wegen der Gestaltung der von ihr bereit gestellten Funktion „Freunde finden“, mit der der Nutzer veranlasst wird, seine E-Mail-Adressdateien in den Datenbestand von „Facebook“ zu importieren, und wegen der Versendung von Einladungs-E-Mails an bisher nicht als Nutzer der Plattform registrierte Personen auf Unterlassung in Anspruch.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände sieht im Versand von Einladungs-E-Mails eine unzulässige und unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UWG, da für diese Art der E-Mail Werbung keine ausdrückliche EInwilligung des Adressaten vorliegt.
Irreführende Werbung
Ferner macht der Kläger geltend, dass Facebook im Registrierungsprozeß dem Nutzer Informationen in Bezug auf die Datennutzung bei Import der E-Mail-Adressdaten vorenthält.
Informationen zur Funktionsweise der Anwenderoption „Freunde finden“ fänden sich erst in einem Pop-Up-Fenster, zu dem der Nutzer bei der Registrierung nicht zwingend geführt werde. Die Beklagte informiere zudem nicht darüber, dass auch auf Daten von Kontakten des Nutzers zugegriffen werde, die Personen beträfen, die nicht Mitglieder bei Facebook seien. Hiermit verstoße die Beklagte unter anderem gegen §§ 5 UWG, 5a UWG und gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 28 BDSG.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Kammergericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat angenommen, die an nicht bei „Facebook“ registrierte Personen versandten Einladungs-E-Mails stellten keine privaten Mitteilungen, sondern mangels vorheriger Einwilligung der Adressaten unzulässige Werbemaßnahmen der Beklagten dar. Durch die vom Kläger angegriffene Gestaltung der „Freunde finden“-Funktion würden unter anderem die sich registrierenden Nutzer irregeführt und zur Preisgabe ihrer E-Mail-Adressdaten veranlasst. Die Beklagte nutze zudem die E-Mail-Adressdaten zu Werbezwecken, ohne dass die Nutzer hierin anlässlich der Aktivierung der „Freunde finden“ – Funktion wirksam eingewilligt hätten.
UPDATE vom 14.01.2016
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat heute entschieden, dass die mithilfe der Funktion „Freunde finden“ des Internet-Dienstes „Facebook“ versendeten Einladungs-E-Mails an Personen, die nicht als „Facebook“-Mitglieder registriert sind, eine wettbewerbsrechtlich unzulässige belästigende Werbung darstellen. Der I. Zivilsenat hat weiter entschieden, dass „Facebook“ im Rahmen des im November 2010 zur Verfügung gestellten Registrierungsvorgangs für die Funktion „Freunde finden“ den Nutzer über Art und Umfang der Nutzung von ihm importierter Kontaktdaten irregeführt hat.
Einladungs-E-Mails von „Facebook“ an Empfänger, die in den Erhalt der E-Mails nicht ausdrücklich eingewilligt haben, stellen eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar. Die Einladungs-E-Mails sind Werbung der Beklagten, auch wenn ihre Versendung durch den sich bei „Facebook“ registrierenden Nutzer ausgelöst wird, weil es sich um eine von der Beklagten zur Verfügung gestellte Funktion handelt, mit der Dritte auf das Angebot von „Facebook“ aufmerksam gemacht werden sollen. Die Einladungs-E-Mails werden vom Empfänger nicht als private Mitteilung des „Facebook“-Nutzers, sondern als Werbung der Beklagten verstanden.
Durch die Angaben, die die Beklagte im November 2010 bei der Registrierung für die Facebook-Funktion „Freunde finden“ gemacht hat, hat die Beklagte sich registrierende Nutzer entgegen § 5 UWG über Art und Umfang der Nutzung der E-Mail-Kontaktdaten getäuscht. Der im ersten Schritt des Registrierungsvorgangs eingeblendete Hinweis „Sind deine Freunde schon bei Facebook?“ klärt nicht darüber auf, dass die vom Nutzer importierten E-Mail-Kontaktdaten ausgewertet werden und eine Versendung der Einladungs-E-Mails auch an Personen erfolgt, die noch nicht bei „Facebook“ registriert sind. Die unter dem elektronischen Verweis „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert“ hinterlegten weitergehenden Informationen können die Irreführung nicht ausräumen, weil ihre Kenntnisnahme durch den Nutzer nicht sichergestellt ist.
Vorinstanzen:
LG Berlin – Urteil vom 6. März 2012 – 16 O 551/10, K&R 2012, 300
KG Berlin – Urteil vom 24. Januar 2014 – 5 U 42/12, K&R 2014, 280
(Quelle: Pressemitteilung Nr. 3/2016 vom 11.1.2016 und Nr. 7/2016 vom 14.01.2016)
(Bild BGH: BGH – Palais mit Brunnen – Joe Miletzki)
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