Der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch Urteil (Urt. v. 16.3.2016 Az. VIII ZR 146/15) entschieden unter welchen Voraussetzungen ein Verbraucher unter dem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlichen Verhaltens am Widerruf eines Fernabsatzvertrages gehindert ist.
Der Fall
Der Kläger hatte bei der Beklagten über das Internet zwei Matratzen bestellt, die im Januar 2014 ausgeliefert und vom Kläger zunächst auch bezahlt worden waren.
Innerhalb der Widerrufsfrist fand der Kläger jedoch ein güstigeres Angebot für die gekauften Matratzen. Daraufhin verwieß der Kläger die Beklagte auf das güstigere Angebot und eine „Tiefpreisgarantie“ und bat um die Erstattung des Differenzbetrages von 32,98 EUR. Im Gegenzug wollte er von seinem Widerrufsrecht absehen. Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zurück.
Die Beklagte war der Auffassung, dass der Kaufvertrag nicht wirksam widerrufen wurde, da der Kläger sich rechtsmißbräuchlich verhalten habe, um einen güstigeren Preis durchzusetzen. Die Beklagte war der Ansicht, dass das Widerrufsrecht beim Fernabsatzvertrag besteht, damit der Verbraucher die Ware prüfen könne. Der Kläger habe aber nicht aufgrund einer Prüfung der Ware den Vertrag widerrufen, sondern vielmehr wegen des Preises.
Die Entscheidung
Die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zusteht, da er den Kaufvertrag wirksam widerrufen hat. Dem steht nicht entgegen, dass es dem Kläger darum ging, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu erzielen. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird. Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.
Ein Ausschluss dieses von keinen weiteren Voraussetzungen abhängenden Widerrufsrechts wegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Verbrauchers kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, in denen der Unternehmer besonders schutzbedürftig ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Verbraucher arglistig handelt, etwa indem er eine Schädigung des Verkäufers beabsichtigt oder schikanös handelt. Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Dass der Kläger Preise verglichen und der Beklagten angeboten hat, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stellt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Das ist vielmehr Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation, die der Verbraucher zu seinem Vorteil nutzen darf.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 57/2016 vom 16.3.2016
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